
IGfH - Bundestagung
"Inobhutnahme als Chance und Herausforderung"
25.09. - 26.09.2013 in Berlin
Dokumentation / Materialien
Die Zahl der sogenannten
Inobhutnahmen ist in den letzten fünf Jahren deutlich
gestiegen. Die IGfH-Bundestagung Inobhutnahme
nimmt erstmals bundesweit die pädagogischen Aspekte und
Alltagsfragen der Arbeit in Einrichtungen, die in Obhut nehmen, in den
Blick. Notlagen, Gefährdungen von Minderjährigen
sowie der Kinderschutz sind Ausgangspunkte, die häufig eine
besondere Herausforderung für die MitarbeiterInnen in den
Einrichtungen, die betroffenen Familien und das Amt für
soziale Dienste/Jugendamt und deren Kooperation darstellen. Neben
rechtlichen Rahmenbedingungen und Organisationsformen der Leistungen
nach § 42 SGB VIII stehen der
fachliche Austausch und die gemeinsame Entwicklung neuer Perspektiven
im Vordergrund. Die Tagung richtet sich an Fachleute der Praxis und der
Wissenschaft ebenso wie an die öffentlichen und freien
Träger der Jugendhilfe.
Mittwoch,
25.09.2013
13:00 Uhr
Begrüßung
- IGfH-Fachgruppe Inobhutnahme:
Rüdiger Riehm / Lutz Bohnstengel
- Senat für Jugend u.
Familie, Berlin: Sven Nachmann
- IGfH-Gesamtverband: Dr.
Hans-Ullrich Krause
14:00 Uhr
Vortrag:
"Inobhutnahme in Deutschland -
Einschätzungen zu Entwicklungen und rechtlichen Rahmungen"
Prof. Dr. Dr. h. c. Reinhard Wiesner, Berlin
Download
des Vortrages
16:00 Uhr
Workshops
- Aus der Praxis für die Praxis
Workshop 1:
Krisenplätze
für Inobhutnahmen in stationären Jugendhilfegruppen
Viele Einrichtungen
stellen innerhalb einer Gruppe sowohl stationäre Hilfen zur
Erziehung als auch Plätze zur Inobhutnahme zur
Verfügung. Mitunter
bieten diese Jugendhilfegruppen eine halt- und rahmengebende Grundlage
für die Arbeit mit Minderjährigen in
Krisensituationen. Der Spagat Krisenarbeit versus Erziehungsauftrag
wird im Alltag von den MitarbeiterInnen jedoch oft als
Überforderung erlebt.
Leitung: Susanne Kowakowsky,
Landesbetrieb Erziehung und Beratung, Hamburg
Download
der Materialien
Workshop 2:
"Du sollst Vater und Mutter ehren" - Zusammenarbeit mit den Eltern
während der Inobhutnahme
Das Gefühl, in der
Elternrolle versagt zu haben, belastet das Selbstwert- und
Selbstwirksamkeitsgefühl von Eltern. Insofern stellt die
Inobhutnahme eine Zerreißprobe für jede Familie
dar. Eltern in der Krisenarbeit »außen
vor« zu lassen, wirkt sich hemmend auf die
Bemühungen aus, die Symptomatik (Verhalten) der
Minderjährigen zu verändern. Die
Hilfebedürftigkeit der Minderjährigen zu sehen und
die Hilfebedürftigkeit der Eltern zu ignorieren kommt einer
Unterlassung gleich.
Wie und warum können und müssen Eltern einbezogen
werden? Wie schaffen MitarbeiterInnen in inobhutnehmenden Einrichtungen
den Rollenspagat zwischen »Anwalt des Kindes« und
Wahrung der Elternrechte und -bedürfnisse?
Leitung:
Lutz Bohnstengel, Kinder- und Jugendhilfe Arenberg, Koblenz
Download
der Materialien
Workshop 3:
Kleine Kinder in der
Inobhutnahme
In den
letzten Jahren hat sich die Anzahl der Kinder unter 6 Jahren, die
aufgrund einer Inobhutnahme durch das Jugendamt vorübergehend
untergebracht werden mussten, deutlich erhöht. Zudem
verlängert sich mittlerweile der Aufenthalt der Kinder, z.B.
durch anstehende familiengerichtliche Verfahren, die Erstellung von
Gutachten und die Suche nach einer notwendigen, ggf. dauerhaften
Unterbringung außerhalb der Herkunftsfamilie auf einen
teilweise nicht zu verantwortenden Zeitraum.
In diesem Workshop soll
sich darüber ausgetauscht werden, welche Rahmenbedingungen in
stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen notwendig
sind, um kleinen Kindern in dieser für sie schwierigen
Situation mit ihren spezifischen Bedürfnissen und ihrem
Anspruch auf Schutz, Sicherheit und Beziehungskontinuität
gerecht zu werden.
Leitung: Burkhard Lauber, Kinderheim
Rödelheim Frankfurt /Main
Download der
Materialien
Workshop 4:
Letzte
Möglichkeit (?) - Freiheitsentziehende Maßnahmen
während der Inobhutnahme
Der
§ 42 Abs. 5 SGB VIII sieht freiheitsentziehende
Maßnahmen als Möglichkeit des Schutzes von
Minderjährigen unter bestimmten Voraussetzungen vor.
Diskutiert werden soll das Für und Wider von kurzfristigen
freiheitsentziehenden Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme.
Leitung:
Andreas Neumann-Witt, Berliner Notdienst Kinderschutz, Berlin
Download der
Materialien
Workshop
5:
Minderjährige,
unbegleitete Flüchtlinge in Inobhutnahmeeinrichtungen -
Anforderungen und Ziele der Betreuung
Die
Jugendämter sind verpflichtet, minderjährige
unbegleitete Flüchtlinge in Obhut zu nehmen und zu
klären, welche Anschlusshilfen notwendig und geeignet sind.
Nicht alle Flüchtlinge können sich auf eine Betreuung
im Rahmen der Jugendhilfe einlassen. Angegebenes und
tatsächliches Alter, Sprachbarrieren, Traumatisierungen,
Sucht, Zusammenarbeit mit verschiedenen Behörden,
unterschiedliche Regelungen und Handhabungen in Deutschland –
diese und weitere Themen können Inhalt des Workshops sein. Zu
Beginn des Workshops werden zunächst zwei Schwerpunktthemen
gemeinsam festgelegt. Ziel des Workshops ist ein moderierter fachlicher
Austausch mit kollegialen Anregungen aus unterschiedlichen
Einrichtungen.
Leitung:
Ilsabe von der Decken, Landesbetrieb Erziehung und Beratung / KJND,
Hamburg
Download der Materialien
Workshop 6:
Der kühle Kopf im
Durchlauferhitzer - Burnout-Prophylaxe für
MitarbeiterInnen in Inobhutnahmeeinrichtungen
Krise, Krise, Krise – ich fühle mich so miese.
Welche Kontextbedingungen brauche ich, aus welchem Holz sollte ich
geschnitzt sein und wie sorge ich für mich und wir
für uns als Team, um in einer Inobhutnahme-Gruppe nicht nur zu
„überleben“, sondern auch mit Freude zu
arbeiten?
Was tue ich für mich persönlich dafür,
was tun wir als Team dafür,
was kann mein Träger dazu beitragen?
Leitung: Florian Otting, Ev.
Jugendhilfe Iserlohn-Hagen gGmbH, Inobhutnahme MK, Iserlohn
Download der Materialien
Workshop 7:
Umgang mit "schwierigen
Minderjährigen"
»Schwierige«
Minderjährige begegnen uns im pädagogischen Alltag
der Inobhutnahme immer wieder und stellen alle Beteiligte vor
große Herausforderungen. Wie könnte ein kreatives
Reaktionsmanagement bei übergriffigen und/oder kaum mehr
erreichbaren Jugendlichen aussehen? Wie gestaltet sich die
Zusammenarbeit bei »schwierigen«
Minderjährigen mit verschiedenen Kooperationspartnern (Kinder-
und Jugendpsychiatrie, Jugendamt, Polizei, etc.)? Welche Grenzen gibt
es bei der Aufnahme und gibt es eine Aufnahmepflicht?
Leitung:
Karin Golla, AWO-Übergangswohnheim, Eschborn
Download der
Materialien
Workshop 8:
Spannungsfelder während der
Inobhutnahme
MitarbeiterInnen
in Inobhutnahmeeinrichtungen bewegen sich aufgabenbedingt in
verschiedenen Spannungsfeldern. Beispiele dafür sind
Nähe und Distanz zu den Minderjährigen oder dem
Elternteil, Allparteilichkeit, die unterschiedlichen Interessen und
Erwartungen aller Beteiligten und gegebene Rahmenbedingungen, z. B. bei
gleichzeitiger Aufnahme von Tätern und Opfern.
Verschärfende Faktoren sind u.a. lange Verweildauern. Die
daraus resultierende Rollendiffusion kann hilflos machen.
Leitung: Manuela Kopf, Diakonische Jugendhilfe
Region Heilbronn e.V., Heilbronn
und Rüdiger Riehm, St. Theresienhaus,
Bremen
Download
der Materialien
Workshop 9:
Inobhutnahmen in Bereitschaftsfamilien
Der
Workshop lotet Möglichkeiten und Grenzen der Inobhutnahme in
Bereitschaftsfamilien aus. Dabei geht es einerseits um den Schutz der
aufnehmenden Familie, aber auch um die Erfüllung fachlicher
Standards. Was braucht die Familie an Schutz und
Unterstützung? Wie lässt sich insbesondere bei
kleinen Kindern die Balance von Nähe und Distanz finden und
halten? Muss eine Bereitschaftsfamilie mit jedem
Minderjährigen klarkommen? Welche besonderen Anforderungen
ergeben sich bei der Aufnahme von Jugendlichen? Wie lässt sich
ein Clearingverfahren bewerkstelligen? Wie ist es um Aus- und
Weiterbildung der Familien bestellt?
Leitung: Ralf Bergrath, Ev. Kinder- und Jugendhilfe
Aachen-Brand gGmbH, Aachen
Download
der Materialien
19:00
Tagungsfest mit Buffet und Musik
Donnerstag,
26.09.2013
09:00 Uhr
Gallery-Walk
zu den Workshopergebnissen
09:20
Uhr
Verstreutes
und Konzentriertes vom Vortag
09:45 Uhr
Fachforen
Forum 1:
Clearingprozesse
in der Inobhutnahme
Mit welchem
Zug fahre ich wieder nach Hause? Oder: Wo ist ein guter Lebensort
für mich? Mit der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
geht für die Fachkräfte immer die Klärung
der weiteren Perspektive für die jungen Menschen einher.
Unterschiedliche Verweildauern, Problemlagen und das Alter der
Minderjährigen erfordern individuell angepasste
Verfahrensweisen und Kooperationen zwischen Jugendamt und betreuendem
Träger. Anhand zweier Praxisbeispiele werden Modelle zur
Klärungsarbeit vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Das Forum
bietet eine Plattform, persönliche und fachliche
Einschätzungen und Erfahrungswerte auszutauschen und weitere
Ideen für die eigene Praxis zu entwerfen.
Susann
Polonis-Khalil, GFB Krisenwohnung "Fluchtpunkt", Potsdam
Corinna
Petri, Universität Siegen
Download
des Vortrages
Forum 2:
Stabilisieren
in der Inobhutnahme
Neben
äußeren Faktoren, wie Versorgung der
Grundbedürfnisse, einem transparenten und strukturierten
Betreuungsrahmen sowie einer klientenzentrierten und
(all-) parteilichen Grundhaltung der Helfer stehen
stabilisierende Methoden der Traumapädagogik im Mittelpunkt
des Forums. Kindern und Jugendlichen zu mehr Selbststeuerung zu
verhelfen, damit diese ihr Verhalten besser modulieren können,
stärkt mit der sukzessiven Rückeroberung der
(Selbst-) Kontrolle zugleich das Gefühl der
Selbstwirksamkeit und unterstützt u.a. die Entwicklung eines
positiven Selbstwertgefühls.
Da das wahre
Leben nicht im Therapiezimmer spielt, gilt es für
Fachkräfte der Jugendhilfe anzuerkennen, dass alles
dafür spricht, sich Stabilisierungstechniken der
Traumapädagogik anzueignen, um beherzt vor Ort besser dem
Hilfebedarf der Kinder und Jugendlichen begegnen zu können. So
verstandene Stabilisierungsarbeit kann/sollte/muss bereits in der
Inobhutnahme geschehen.
Lutz
Bohnstengel, Kinder- und Jugendhilfe Arenberg, Koblenz
Download des
Vortrages (1), Erste Hilfe
Download des
Vortages (2), Stabilisierung
Download des
Vortrages (3), Trauma und die Folgen
Forum 3:
Formenvielfalt
in der Inobhutnahme
Nicht
nur die Gründe der einzelnen Inobhutnahmen sind individuell
unterschiedlich, auch die in Obhut nehmenden Einrichtungen bieten einen
»bunten Strauß« verschiedenster Angebote.
Einzugsgebiete und Zuständigkeitsbereiche schwanken zwischen
Landkreisen und Metropolen, die Aufträge zwischen
»Krisenintervention« und
»Parkplatz«.
Das Forum geht der Frage nach, ob trotz regional unterschiedlicher
Notwendigkeiten und Sachzwängen bestimmte Anforderungen an
Einrichtungen und Jugendämter erfüllt sein sollten,
um eine adäquate Umsetzung der Inobhutnahme zu
gewährleisten. Dabei soll auch das Für und Wider von
bundesweiten Grundstandards für die Inobhutnahme diskutiert
werden.
Andreas
Neumann-Witt, Berliner Notdienst Kinderschutz, Berlin
Download des
Vortrages
Forum
4:
Kinder in der
Inobhutnahme
In den
letzten Jahren ist die Zahl der Sorgerechtsentzüge und in
Folge davon, die der Inobhutnahmen und stationären
Unterbringungen von Minderjährigen, insbesondere auch von
kleinen Kindern, bundesweit angestiegen. Vor diesem Hintergrund stellen
sich in der Jugendhilfe eine Reihe von Fragen:
•
Wie gehen wir mit dem Trend von einer wachsenden Anzahl von
jüngeren Kindern in den Erziehungshilfen um?
•
Welche Antworten liefern aktuelle Konzepte auf die anspruchsvolle
Aufgabe der Betreuung von kleinen Kindern in der Inobhutnahme?
•
Welche Elemente braucht eine moderne Krisen- und Integrationsarbeit, um
ein angemessenes Angebot für Kinder und deren Familien zu
schaffen?
Über
diese Fragen würden wir gerne mit den TeilnehmerInnen ins
Gespräch kommen. Dazu soll neben den Ergebnissen des
Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekts »Kleine Kinder in
stationären Hilfen«, in dem eine Reihe von
Fallstudien über die Unterbringung von Kindern unter 6 Jahren
durchgeführt wurde, auch am Beispiel von Praxismodellen
gezeigt werden, wie ein gelingender Umgang mit diesen Herausforderungen
in der Inobhutnahme aussehen kann.
Eva
Biller, Ev. Stiftung Overdyk, Bochum
Prof.
Dr. Peter Hansbauer, Fachhochschule Münster
Dr.
Nicole Knuth, Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V., Münster
Forum
5:
Spezifische
Arbeit mit Mädchen mit Migrationshintergrund in der
Inobhutnahme
Die
Kriseneinrichtung PAPATYA bietet seit 26 Jahren Mädchen und
jungen Frauen mit Migrationshintergrund Schutz und Beratung bei
familiärer Gewalt und Zwangsverheiratung. In der geheimen
Zufluchtswohnung in Berlin wurden schon mehr als 1700 Betroffene im
Alter von 13 bis 21 Jahren aufgenommen. Das multikulturelle Team aus
Pädagoginnen und einer Psychologin deutscher,
türkischer und kurdischer Herkunft entwickelt mit den
Mädchen eine Zukunftsperspektive, die sich jeweils an den
Möglichkeiten und Bedürfnissen der Betroffenen
orientiert.
Die
virtuelle Beratungsstelle SIBEL ergänzt dieses Angebot. Es ist
ein niedrigschwelliges Online-Beratungsangebot, das sich vor allem an
junge Migrantinnen richtet, aber auch Männer, Freunde und
professionelle Helfer finden darüber Hilfe.
PAPATYA,
Berlin
Download des
Vortrages
12:00
Uhr
Möglichkeiten
und Grenzen der Inobhutnahme - ein Gespräch
(moderierte
Diskussion)
Moderation:
Dr. Hans-Ullrich Krause
TeilnehmerInnen:
Uta Wanicki, Rüdiger Riehm, Lutz Bohnstengel, Ilsabe von der
Decken, Corinna Petri
12:45
Uhr
Sozialpädagogische
(Un-)Möglichkeiten in der Inobhutnahme
Prof. Dr.
Werner Freigang, Fachhochschule Neubrandenburg
Vortrag mit
Gelegenheit zur Nachfrage
Download des
Vortrages
13:30
Uhr
Schlusswort
der VeranstalterInnen
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