Tagung des Arbeitskreises Inobhutnahme der IGFH
vom 29.03. – 31.03. 2006 in Leipzig
Tagungsbericht
In
Leipzig gestaltete der Arbeitskreis Inobhutnahme der IGFH vom 29.
März bis zum 31.März 2006 seine 18. Arbeitstagung mit
15 VertreterInnen aus verschiedenen Inobhut nehmenden Einrichtungen
innerhalb des Bundesgebietes.
Neben einer Besichtigung des Kinder- und Jugendnotdienstes in Leipzig
nahm die schwierige wirtschaftliche Situation einzelner
Inobhutnahmestellen der Mitglieder viel Platz ein.
Deutlich wurde ein Rückgang der Inobhutnahmen festgestellt,
der vor allem die Pflegesatz finanzierten Dienste schnell in
Existenznöte bringt. Dies lag in erster Linie an den sinkenden
Fallzahlen. So wurde einerseits von vermehrten ambulanten Angeboten zur
Stützung von Kindeswohl in Frage stellenden Familiensystemen
berichtet und andererseits eine gesellschaftliche Bereitschaft an
höheres Maß an „Elend“ oder
„Aushalten sehr schwieriger Situationen“
konstatiert. Dem gegenüber steht jedoch die Fokusierung auf
die Sicherung des Kindeswohls gemäß § 8a
SGB VIII, was vielerorts zu Verunsicherung beim ASD oder Jugendamt
führt.
Als Folge der in den Medien häufig „breit
getretenen“ Einzelfälle, entstehen mitunter
Belegungsschübe unterschiedlicher Intensität in den
jeweiligen Einrichtungen.
Zudem wurde erwähnt, dass die Verweildauern in den
Einrichtungen entweder sehr kurz sind oder häufig
länger dauern als pädagogisch sinnvoll wäre.
Dies hängt u. E. damit zusammen, dass einerseits
möglicherweise auf dem Hintergrund des Finanzdruckes der
öffentlichen Kassen sehr schnell
Rückführungen mit wenig inhaltlicher Prüfung
durchgeführt werden und andererseits für
HzE-Maßnahmen im Anschluss sehr lange und aufwendige
Prüfungs- und Genehmigungsverfahren notwendig sind. Die lange
Verweildauer in den Kriseneinrichtungen wirkt häufig
kontraproduktiv auf die Entwicklungen der Kinder und Jugendlichen.
Zudem bilden sich in den jeweiligen Bereichen auch eine
„Gemengelage“ von Kindern und Jugendlichen, die
durch die Jugendhilfe wenig erreichbar sind und immer wieder in Obhut
genommen werden.
Zusammenfassend machen diese schwierigen Konstellationen die
Finanzierung auf Basis von Pflegesätzen
äußerst schwierig. Im Sinne der
pädagogischen Arbeit, dem Blick auf die Notwendigkeit von
Vorhalten von freien Plätzen für Notfälle
und damit des gesetzlichen Auftrages im Rahmen des § 42 SGB
VIII wie auch der Kinder, Jugendlichen und deren Familien, erachtet der
Arbeitskreis Inobhutnahme eine Veränderung der finanziellen
Grundlagen hin zu einer Pauschalfinanzierung für dringend
geboten.
Ansonsten wird sich ein sich abzeichnender Trend zur Vermischungen mit
anderen Aufgaben innerhalb der Einrichtungen fortsetzen, was einerseits
mit Absenken von pädagogischen Standards passieren wird und
andererseits wenig Raum zur Diagnostik lässt. Entsprechend der
statistischen Daten verlassen weit über die Hälfte
der Minderjährigen die Inobhutnahme ohne weitere
stationäre Hilfe zurück ins Herkunftsumfeld. Dies ist
auch ein Ergebnis der hoch qualifizierten Arbeit in den jeweiligen
Einrichtungen. Eine Senkung der pädagogischen Standards
gefährdet auch dieses Kosten reduzierende Element der
Inobhutnahme.
Darüber hinaus diskutierte der AKI, wie sich die jeweiligen
Mitglieder mit ihrem in den Einrichtungen gesammelten Fachwissen und
ihrer fachlichen Qualifikationen in die praktischen Konsequenzen, die
sich aus dem § 8a SGB VIII zur Sicherung des Kindeswohls
ergeben, sowohl in die öffentliche Diskussion wie auch als
diagnostisches Element einbringen können. Die Ideen finden in
den Bundesländern unterschiedliches Echo.
Abschließend tauschten sich die Mitglieder auf einer
pragmatischen Ebene über den Stand der eigenen
Qualitätssicherungsmaßnahmen aus. Gerade in den
finanziellen eng gefassten Zeiten erscheint eine Dokumentation der
geleisteten Arbeit äußerst wichtig. So wurden
einerseits auch Ideen zu einer Untersuchung der Nachhaltigkeit der
Interventionen aus der Inobhutnahme angeregt als auch andererseits der
Beginn einer Schriftenreihe zu praktischen Themen innerhalb der
Inobhutnahme vereinbart.
Das nächste Arbeitstreffen des Arbeitskreises findet im Herbst
in Frankfurt statt.
Zusätzlich verweist
der Arbeitskreis auf seine im Fortbildungsprogramm der IGFH stehende
Fachtagung zum fachlichen Austausch von MitarbeiterInnen des Kinder-und
Jugendnotdienstes sowie von Inobhutnahmestellen in Frankfurt vom
13.November bis 15. November 2006 - http://www.igfh.de/
unter Veranstaltungen / FB 18.
Für
Rückfragen stehen auch die Sprecher des AKIs Graham Lewis
– Elas-Brandström Kinder- und Jugendhilfe, Minden
– und Rüdiger Riehm – St. Theresienhaus,
Bremen - zur Verfügung.
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