Bericht von der Arbeitstagung des
Arbeitskreises Inobhutnahme
06.-08.
März 2002 in Chemnitz
Vom 6.3. bis zum 8.3.02 trafen
sich 14
Fachfrauen und Fachmänner aus verschiedenen Einrichtungen der
Inobhutnahme des Bundesgebietes zum halbjährigen
Arbeitstreffen
des Arbeitskreises Inobhutnahme der IGFH in Chemnitz.
Die Stimmung war diesmal eher positiv. Im Gegensatz zur letzten
Arbeitstagung, als aus den Einrichtungen eher über
Verkleinerung
und gar Schließung berichtet worden war, standen diesmal mehr
erfolgreiche Konsolidierungen und Erweiterungen im Mittelpunkt des
ersten Austausches. In Bremen waren zusätzliche
Plätze
genehmigt worden, in Aachen ist die Errichtung einer Notaschlafstelle
kurz vor dem Abschluss, in Potsdam und Leipzig waren neue
Pflegesätze erfolgreich verhandelt worden und allgemein wurde
von
einer guten Nachfrage und Belegung berichtet. Abzuwarten bleibt jedoch,
ob dies nur zu Jahresbeginn – neues Budget – der
Fall ist
und wie sich die Situation bei unserem nächsten Treffen im
Herbst
– Endphase des Jahresbudgets – darstellen wird.
Als zentrales Fachthema hatte der Arbeitskreis diesmal dem "Umgang mit
Gewalt in Inobhutnahmestellen" gewählt. Alle Einrichtungen
werden
in zeitlich schwankenden Rhythmen immer wieder mit dem Problem
einerseits einer Aufnahmeverpflichtung und andererseits des
Bedrohungsmoments für MitarbeiterInnen und BewohnerInnen
konfrontiert. In einigen Einrichtungen besteht keine generelle
Aufnahmeverpflichtung auf Grund der Leistungsvereinbarung und andere
Einrichtungen federn diesen Spagat im Rahmen eines Verbundsystems oder
einer doppelten Besetzung der Dienstzeiten ab. Einigen
Inobhutnahmestellen, vor allem in eher ländlich oder (klein
-)städtisch Gegenden fühlen sich mit diesem Problem
immer
wieder konfrontiert und vom ASD in der konkreten Auseinandersetzung
alleine gelassen.
Als zentrales Moment des Umgangs erscheinen Rahmenbedingungen in den
einzelnen Inobhutnahmestellen, die den MitarbeiterInnen ein
möglichst hohes subjektives Gefühl an Sicherheit
vermitteln.
Sicheres Auftreten der KollegInnen ist ein deeskalierendes Moment. Als
wichtige Bestandteile darüber hinaus diskutierten wir einen
Pieper, eine direkte Leitung zur nächsten Polizeidienststelle,
eine möglichst gute Vorbereitung eines Krisenszenarios, sowie
eine
Zusammenarbeit mit der KiJu-Psychiatrie und/ oder den
Ordnungshütern. Ein möglichst individueller Blick auf
die
einzelnen Kinder und Jugendlichen verbunden mit einer Offenheit
für Einzellösungen kann ebenfalls entlastend wirken.
Eine ausführliche Zusammenfassung der Diskussion soll
für das
nächste FORUM vom Arbeitskreis erarbeitet werden.
In Brandenburg ereigneten sich in letzter Zeit gehäuft
Fälle
von massiven Bedrohungen und Erpressungen der MitarbeiterInnen durch
Jugendliche, die jetzt auch auf der Ebene des Landesjugendamtes
diskutiert werden. Inwieweit Veränderungen der
Rahmenrichtlinien
für Inobhutnahmestellen vom Landesjugendamt Brandenburg
erfolgen
werden, bleibt jedoch abzuwarten.
In der Diskussion über die Möglichkeit
freiheitsentziehender
Maßnahmen durch Inobhutnahme nach § 42 (3) KJHG
verweist der
Arbeitskreis gemäß der Auslegung des Gesetzestextes
auf den
Zusammenhang mit einer akuten und kurzen Krise mit Fremd- und
Selbstgefährdung. Die freiheitsentziehende Maßnahme
muss
nach Wegfall des akuten Krisenmoments wieder beendet werden.
In der Diskussion über die Erfahrungen mit Asylsuchenden
zwischen
16 und 18 Jahren bedauerten wir die gemachten Erfahrungen,
daß
Asylverfahrensgesetz den Anspruch auf Inobhutnahme zu brechen scheint.
Unterschiedlich stellte sich auch die Praxis der einzelnen
Bundesländer dar, ob Asylsuchende über 16 Jahre in
Jugendhilfemaßnahme verbleiben bzw. gelangen können.
Zudem bereitete der Arbeitskreis die Fachtagung mit dem Thema
"Erfahrungsaustausch von MitarbeiterInnen aus Inobhutnahmestellen" vor,
die der Arbeitskreis unter dem Dach der IGFH vom 21.10. bis zum
23.10.02 in Frankfurt gestaltet. Anmeldungen für diese Tagung
sind
über die IGFH möglich.
Als Schwerpunkt für die nächste Arbeitstagung der
Arbeitskreises wurden die Rechtsgrundlagen für
Notschlafstellen
oder Sleep-Ins anvisiert.
Kontakt kann zu uns aufgenommen werden über die Internet-Seite
der
IGFH oder über die SprecherInnen des Arbeitskreises
Inobhutnahme
der IGFH für die Jahre 2001 – 2002: Johannes
Heinrichs (Ev.
Kinder- u. Jugendhilfe Brand, Freunder Landstraße 60, 52078
Aachen), und Graham Lewis (Elsa-Brandström-Heim (DRK),
Maulbeerkamp 34, 32425 Minden, E-mail: Graham8L@aol.com).
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